Frankfurter Neue Presse: zu Finnland: Der Währungsgemeinschaft droht eine politische Zerreißprobe Ein Kommentar von Panagiotis Koutoumanos
Frankfurt am Main (ots) - An die wütenden Griechen hat sich der Euro-Raum bereits gewöhnt; auch mit den Selbstmitleid erfüllten Iren kommt der EU-Stabilitätspakt zurecht; und auf die melancholischen Portugiesen stellen sich Brüssel und der IWF bei den nun begonnenen Rettungsverhandlungen gerade ein. Aber was machen wir nun mit den "freien Finnen", die die Solidarität mit den drei Schuldner-Staaten aufgekündigt haben und damit großen Anklang in ihrem Land finden?
An der Regierungsbeteiligung der rechtspopulistischen Arbeiterpartei führt nach ihrem Wahlerfolg kein Weg vorbei. So viel ist klar. Auch, dass sich mit ihnen und den Sozialdemokraten nun zwei von drei Regierungsparteien gegen den Euro-Rettungsschirm für hochverschuldete Mitgliedsländer stark machen. Entsprechend langwierig dürften die Koalitionsverhandlungen mit den Konservativen werden; entsprechend knapp wird die Zeit, um das geplante Hilfspaket für Portugal rechtzeitig zu schnüren. Schließlich muss der Stabilitätspakt von allen Gemeinschaftsstaaten abgesegnet werden, damit er in Kraft treten kann.
Damit wird deutlich: Der Wahlerfolg der "freien Finnen" fügt dem ökonomischen Risiko in der Währungsunion auch noch ein deutlich politisches hinzu. Und das wird nicht bei Portugal Halt machen. Vielmehr steht zu befürchten, dass das Votum der Finnen großen Widerhall finden wird: sowohl in den Schuldner-Ländern, deren Bevölkerungen unter den oktroyierten Sparprogrammen stöhnen als auch in den Gläubiger-Ländern, wo sich die Menschen als Zahlmeister Europas missbraucht sehen.
Deutschland macht da keine Ausnahme. Je größer die Zweifel am Erfolg der bislang zur Verfügung gestellten Hilfsgelder werden, desto schneller wächst auch hierzulande der Unmut der Steuerzahler über die Rettungsaktionen. Und an Zweiflern mangelt es in Deutschland nicht: weder bei der Deutschen Bundesbank und den Wirtschaftsforschern, die den Rettungsschirm für eine Fehlkonstruktion halten, noch in der Politik, wo viele den Alleingang der Bundesregierung beklagen und ein Mitsprache-Recht des Bundestages bei künftigen Hilfsaktionen verlangen.
Breitet sich der Protest-Virus in der Währungsgemeinschaft weiter aus, steht dem Euro-Raum eine politische Zerreißprobe vor, die den ohnehin schon wackeligen Konsens tatsächlich kippen könnte. Deshalb müssen die politisch Verantwortlichen in Europa, die die Macht und den Willen haben, den Euro-Raum von dessen ökonomischer Krise zu befreien, handeln: Sie müssen die Wähler stärker miteinbeziehen, ihnen besser als bislang erklären, warum Hilfsgelder auch im Interesse Deutschlands sind - bevor Populisten die Politik-Verdrossenheit erfolgreich gegen die Währungsgemeinschaft einsetzen.
chda am 20. April 11
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