EU fürchtet Zusammenbruch der Kreditmärkte
Trotz diverser Banken-Rettungspakete kommt der Interbankenmarkt in Europa offenbar nicht richtig in Schwung. Im Gegenteil: EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia sieht sogar eine Verschärfung der Kreditklemme für Unternehmen und fürchtet, Europa könnte noch tiefer in die Krise rutschen.


HB BRÜSSEL. EU-Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia hat vor einem vollständigen Zusammenbruch der angeschlagenen Kreditmärkte gewarnt. "Die Verfügbarkeit von Krediten hat sich seit Oktober 2008 klar verringert. Die Märkte für Unternehmenskredite funktioniert nicht vernünftig oder produzieren abnorm hohe Preise", sagte Almunia am Dienstag laut einem vorab verbreitetem Redemanuskript auf einer Konferenz in Brüssel. "Ein Zusammenbruch des Kreditkanals könnte den gegenwärtigen Abschwung vertiefen."

Die im Herbst in 17 der 27 EU-Staaten geschnürten Banken-Rettungspakete hätten zwar das Ziel erreicht, die Finanzmärkte zu stabilisieren, erklärte der Wirtschaftskommissar. Auch das Interbanken-Geschäft - also die Kreditvergabe der Banken untereinander - habe sich verbessert. Die Kreditvergabe an die Unternehmen sei aber unzureichend. Die Kommission werde im März einen Bericht über die Effektivität der einzelnen Rettungspakete vorlegen, kündigte Almunia an.

Bezüglich der Debatte über die Auslagerung toxischer Wertpapiere in eine sogenannte "Bad Bank" warnte der Wirtschaftskommissar vor überstürzten Entscheidungen. Ehe einzelne EU-Staaten ihren Kreditinstituten hochriskante Wertpapiere abkauften, sollten europaweite Leitlinien für den Umgang mit solchen Risiken aufgestellt werden, forderte Almunia. "Wir sollten zunächst auf EU-Ebene unsere Ansichten koordinieren, zum Beispiel darüber, um welche toxischen Papiere es geht und wie sie bewertet werden sollten."

Die britische Regierung hatte in der vergangenen Woche erklärt, sie sei bereit, ihren Banken einen Teil ihrer toxischen Wertpapiere abzukaufen. Schweden hatte während einer nationalen Finanzmarktkrise Anfang der 90er Jahre eine "Bad Bank" eingerichtet.


Quelle: Handelsblatt.com