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02. Juli 2011, 20:39 Uhr
12-Milliarden-Euro-Kredit
Euro-Finanzminister bewahren Griechenland vor Pleite
Griechen-Rettung, nächster Akt: Per Videokonferenz haben die Euro-Finanzminister einen Multi-Milliarden-Kredit für das von der Pleite bedrohte Land freigegeben. Das neue Rettungspaket steht allerdings immer noch nicht.
Brüssel - Das von der Pleite bedrohte Griechenland hat in dieser Woche mit einem gigantischen Sparpaket vorgelegt - nun soll es den dringend benötigten internationalen 12-Milliarden-Euro-Kredit auch bekommen. Die Euro-Finanzminister haben die für diesen Monat fällige Teilzahlung aus dem seit 2010 laufenden Hilfsprogramm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Samstagabend verabschiedet - per Videokonferenz, und nicht wie geplant, auf einem Treffen am Sonntag in Brüssel.
Ursprünglich wollten die Minister dort auch über ein neues Rettungspaket für Griechenland debattieren, das bis zu 120 Milliarden Euro umfassen und auch private Gläubiger beteiligen soll. Der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, hatte die Vorverlegung entschieden. "Mir war es lieber, eine undramatische Konferenz zur Auszahlung der fünften Tranche aus dem Hilfsprogramm zu haben, als eine dramatische Sitzung, wo man den Eindruck gehabt hätte, dass man sich erst einer Entscheidung annähert", sagte er am Freitagabend.
Die Debatte über das neue Paket soll jetzt am 11. Juli beim nächsten regulären Treffen der Euro-Minister geführt werden, sagte Juncker. Es stehe aber noch nicht fest, ob es zu diesem Termin schon eine endgültige Einigung geben werde. Juncker wandte sich gegen Spekulationen, wonach das zweite Rettungspaket für Athen auf die lange Bank geschoben werden könnte. "Es wird ein neues Griechenland-Programm geben - in enger Abstimmung mit dem Internationalen Währungsfonds." Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte dem SPIEGEL, die Bundesregierung habe für eine eventuelle Pleite Griechenlands vorgesorgt.
"Wir brauchen einen Businessplan"
Von den nun beschlossenen 12 Milliarden Euro entfallen 8,7 Milliarden Euro auf die Europäer und 3,3 Milliarden Euro auf den IWF. Der IWF will laut Medienberichten voraussichtlich am 8. Juli bei einer Verwaltungsratssitzung über seinen Anteil an der Tranche entscheiden.
Nach Überzeugung der deutschen Industrie benötigt Griechenland nun dringend ein langfristiges Investitionsprogramm zur wirtschaftlichen Erholung. "Wir brauchen einen Businessplan", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel. "Jetzt müssen Wege gefunden werden, um den Griechen Zeit zu verschaffen, damit sie wirtschaftlich wieder auf die Beine kommen."
Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone wies Keitel strikt zurück. "Jede Lösung, die darauf abzielt, starke oder schwache Länder aus dem Währungsgebiet herauszulösen, wäre fatal sowie gefährlich und weit weg von der Realität." Auch ein radikaler Schuldenschnitt in Griechenland allein sei keine Lösung.
Nötig sei neben Finanzhilfen, Sparmaßnahmen und der Beteiligung von Banken und Versicherern ein auf mehrere Jahre angelegtes Paket, um das Land für Investoren attraktiver zu machen. "Griechenland benötigt ein Programm, mit dem nicht nur Ausgaben gekürzt, sondern auch Einnahmen generiert werden, die das Land heute nicht hat." Dies sei aber nicht kurzfristig machbar. "Das dauert nicht zwei, drei Monate, sondern mindestens fünf Jahre, wenn nicht gar zehn Jahre", sagte Keitel.
böl/dpa-AFX
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03. Juli 2011, 11:37 Uhr
Investieren statt sparen
Ex-Spitzenpolitiker fordern "New Deal" für Euro-Zone
Europas Senioren wollen die Revolution: Mehrere ehemalige Staats- und Regierungschefs wollen die Krise der Währungsunion nach SPIEGEL-Informationen mit einem "New Deal" beenden. Statt zu sparen soll die Euro-Zone massiv investieren - und Staatsanleihen von Pleitestaaten kaufen.
Hamburg - Europa ging es auch schon mal besser - und die Währungsunion befindet sich in einer dramatischen Krise. Deshalb fordert nun eine Gruppe ehemaliger Regierungs- und Staatschefs einen "New Deal" nach amerikanischem Vorbild, um "den Fortbestand der Euro-Zone und den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sicherzustellen".
Der "New Deal" war ein US-Reformprogramm, mit dem in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts über massive Staatsinvestitionen die Wirtschaft angekurbelt wurde. Die Euro-Zone könnte ebenfalls über die Ausgabe von EU-Anleihen Gelder einsammeln, "um den Wirtschaftsaufschwung zu finanzieren, statt Sparmaßnahmen durchzuführen", heißt es nach SPIEGEL-Informationen in einer Deklaration, die unter anderem die früheren Regierungschefs Guy Verhofstadt (Belgien), Giuliano Amato (Italien), Michel Rocard (Frankreich) und der ehemalige portugiesische Präsident Jorge Sampaio unterstützen.
Die Initiative ging vom Direktor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Athen, Yanis Varoufakis, und vom britischen Labour-Politiker und Wirtschaftsprofessor Stuart Holland aus. Den Wissenschaftlern zufolge könnte das Geld dieses "New Deals" vor allem in Projekte fließen, die mit Hilfe der Europäischen Investitionsbank EIB durchgeführt werden.
Allianz beteiligt sich mit 300 Millionen Euro
Aus den künftigen Einnahmen solcher Projekte könnten die EU-Schuldverschreibungen dann nach ihrem Auslaufen bedient werden. Der Erklärung zufolge hätten EU-Anleihen große Chancen, Überschüsse aus Staatsfonds und Schwellenländern anzuziehen und zu relativ niedrigen Zinsen verkauft zu werden. Deshalb solle die EU auf diese Weise nicht nur Gelder für Investitionen einsammeln, sondern auch einen Teil der Schulden von Ländern wie Griechenland in EU-Bonds umtauschen. Dies hatte bereits der Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker gefordert.
Ein erster Schritt zur Rettung der Euro-Zone ist mit der Verabschiedung des griechischen Sparpakets und der anstehenden Auszahlung der nächsten Finanzhilfen für das Land gemacht. Am neuen Rettungsprogramm beteiligen sich auch die privaten Gläubiger.
Der Münchner Versicherungskonzern Allianz ist bis 2014 mit rund 300 Millionen Euro dabei. Damit sich das Land aber in Zukunft wieder Geld am Kapitalmarkt besorgen könne, bräuchten "die Gläubiger ein gewisses Sicherheitsnetz", sagte Allianz-Chef Michael Diekmann in einem Gespräch mit dem SPIEGEL.
"Größere Auswirkungen als die Lehman-Pleite"
Ansonsten würde momentan kein privater institutioneller Anleger Geld in Griechenland investieren. Nach den Vorstellungen Diekmanns soll ein Teil des Geldes aus dem Euro-Rettungsmechanismus für die Schaffung eines Anleiheversicherers verwendet werden. Der könne dann die Anleihen bis zu einem Nennwert von beispielsweise 90 Prozent absichern. Der maximal mögliche Verlust für die Investoren läge dann bei zehn Prozent.
Die Allianz selbst hat innerhalb eines Jahres die griechischen Staatsanleihen in ihrem Besitz von 3,3 auf 1,3 Milliarden Euro reduziert. Der Versicherer habe sich "hundertprozentig" an die damaligen Absprachen mit der Bundesregierung gehalten, keine Griechenland-Anleihen zu verkaufen.
Es sei damals darum gegangen, "die Anleihen nicht in einen fallenden Markt zu verkaufen", sagt Diekmann. Zudem habe die Absprache nicht das gesamte Portfolio betroffen, und die Allianz habe "nur unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass das nur geht, wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist".
Die Europäer haben nach Diekmanns Ansicht keine Alternative zu einem neuen Hilfsprogramm. "Sich auf einen Plan B einzulassen, bedeutet, sich eine Kapuze aufzusetzen und mit 200 Stundenkilometern auf der Autobahn zu fahren", warnte er. Eine Insolvenz Griechenlands hätte noch größere Auswirkungen als die Pleite der US-Bank Lehman.
Mehr dazu im aktuellen SPIEGEL ab den Seiten 62 und 68
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