Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zu Griechenland-Krise Nicht konsequent HANNES KOCH, BERLIN
Bielefeld (ots) - Wenn Geldgeber 20 oder 30 Prozent Zinsen pro Jahr dafür fordern, dass sie ihr Geld verleihen, grenzt das an Wucher. Kaum ein Geschäftsmann oder Verbraucher würde sich auf solche Konditionen einlassen. Bei einem verschuldeten Staat wie Griechenland dagegen ist ein derart unmoralisches Verhalten der Investoren üblich. Deshalb erscheint es richtig, wenn Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble den privaten Gläubigern wenigstens einen finanziellen Beitrag zur Sanierung Athens abverlangen. Und zugleich ist es ein Ärgernis, dass sie sich damit gegenüber Frankreich und anderen EU-Regierungen nicht durchsetzen können. Allerdings hat Frankreichs Präsident Sarkozy ein starkes Argument. Verpflichtete man etwa die Privatinvestoren im Falle Griechenlands, die Laufzeiten ihrer Kredite zu verlängern, erlitten sie erzwungene Verluste. Dies aber würden die Banken, Versicherungen und Fonds als Staatsbankrott Griechenlands werten. Ihr Interesse, anderen verschuldeten Euro-Staaten wie Portugal oder Spanien weiter Geld zu leihen, sänke ebenfalls. Ein Staatsbankrott könnte so den nächsten verursachen. Dafür, dass es so weit gekommen ist, trägt jedoch auch die Bundesregierung Mitverantwortung. Unbedingt will sie vermeiden, den Bürgern reinen Wein einzuschenken: Europa wird teurer. Um diese unangenehme Wahrheit nicht einräumen zu müssen, wehren sich Merkel und Schäuble gegen die Einführung sogenannter Euro-Bonds. Dabei wären diese gemeinsamen europäischen Staatsanleihen ein wirksames Mittel gegen die Schuldenkrise. Anders als bei den nationalen Euro-Anleihen könnten die Investoren dann nicht mehr unterscheiden, wem sie ihr Geld leihen - Griechenland, Portugal oder Deutschland. Folglich wäre auch der Spekulation gegen einzelne Länder die Grundlage entzogen. Der Nachteil für Deutschland: Die Zinsen und damit Kosten würden etwas höher ausfallen als heute. Dies sollte die Regierung hinnehmen, um die privaten Investoren tatsächlich auszubremsen.

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